Übergang von der Spezialbesteuerung zur ordentlichen Besteuerung

Stille Reserven inklusive Mehrwert aus der Zeit der Besteuerung unter einem besonderen kantonalen Steuerstatus (Holding-, Domizil-, Verwaltungs- und gemischte Gesellschaften; §§ 99 und 100 StG; Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern; BGS 614.11) können bei Wegfall des kantonalen Steuerstatus grundsätzlich im Umfang der bisherigen Freistellung gewinnsteuerfrei, durch Bildung einer als Gewinn besteuert geltenden stillen Reserve, aufgedeckt und nach Einsetzen der ordentlichen Besteuerung steuerwirksam abgeschrieben werden.

Gesetzliche Bestimmungen

Gemäss § 99 Abs. 1 StG entrichten Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, deren statutarischer Zweck zur Hauptsache in der dauernden Verwaltung von Beteiligungen besteht und die in der Schweiz keine Geschäftstätigkeit ausüben, keine Gewinnsteuer, sofern die Beteiligungen oder die Erträge aus Beteiligungen längerfristig mindestens zwei Drittel der gesamten Aktiven oder Erträge ausmachen.

Gesellschaften, die in der Schweiz eine Verwaltungstätigkeit, aber keine Geschäftstätigkeit ausüben oder die überwiegend auslandbezogen und in der Schweiz bloss untergeordnet geschäftstätig sind, werden für die Erträge aus Beteiligungen nicht, für die übrigen Einkünfte aus der Schweiz ordentlich und für die übrigen Einkünfte aus dem Ausland nach der Bedeutung der Verwaltungstätigkeit in der Schweiz ordentlich besteuert (§ 100 StG).

Juristische Personen können vom Reingewinn der Steuerperiode Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangen Geschäftsjahren abziehen, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten (§ 96 Abs. 1 StG).

Verluste, die während der Besteuerung als Holdinggesellschaft gemäss § 99 StG SO entstanden sind, können nach dem Statuswechsel (Übergang zur ordentlichen Besteuerung nach § 97 StG SO) nicht mehr zur Verrechnung gebracht werden.

Aufdeckung von stillen Reserven

Erfüllt eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, die bisher als Holdinggesellschaft gemäss § 99 StG besteuert wurde, die Voraussetzungen nicht mehr, wird sie neu ordentlich gemäss § 97 StG besteuert. In diesem Fall kann sie die stillen Reserven (inklusive Mehrwert), die entstanden sind, während sie nach § 99 StG besteuert wurde, im Zeitpunkt des Übergangs zur ordentlichen Besteuerung ohne Gewinnsteuerfolgen in der Steuerbilanz offen legen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_645/2011 vom 12.03.2012).

Sie kann sie durch Bildung einer als Gewinn besteuert geltenden stillen Reserve aufdecken und die aufgewerteten Aktiven nach Einsetzen der ordentlichen Besteuerung steuerwirksam abschreiben. Stille Reserven bestehen aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert (Verkehrswert) und dem handelsrechtlichen Buchwert (bzw. massgebenden Gewinnsteuerwert) einer Bilanzposition. Steuerlich aufgedeckt werden können nur stille Reserven zwischen dem Verkehrswert und dem massgebenden Gewinnsteuerwert, die infolge Statuswechsel künftig einer anderen (d.h. höheren) Besteuerung unterliegen. Die Aufdeckung ist sowohl für stille Reserven auf einzelnen Bilanzpositionen wie auch für stille Reserven in Form von (originärem oder derivativem) Goodwill zulässig. Diese für Holdinggesellschaften festgelegte Praxis kann sinngemäss auch auf den Übergang von der Besteuerung als Domizil- oder gemischte Gesellschaft zur ordentlichen Besteuerung angewendet werden. Diese können die stillen Reserven aus der Zeit der Besteuerung unter einem kantonalen Steuerstatus bei dessen Wegfall grundsätzlich im Umfang der bisherigen Freistellung ohne Auswirkung auf die Gewinnsteuer aufdecken. Die aufgedeckten stillen Reserven unterliegen der Kapitalsteuer, soweit sie nicht in Vorjahren gewinnsteuerwirksam abgeschrieben worden sind. Die Aufdeckung der stillen Reserven ist bis und mit der letzten Steuerperiode vor Inkrafttreten der Bestimmungen im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) zur Unternehmenssteuerreform III möglich.

Umfang der aufzudeckenden stillen Reserven

Aus steuersystematischen Gründen können grundsätzlich nur jene stillen Reserven ganz oder teilweise steuerunwirksam aufgedeckt werden, die in der Zeit zwischen Eintritt in den kantonalen Steuerstatus und dessen Wegfallen im gewinnsteuerfreien Bereich entstanden sind. Gesellschaften, die aus dem Ausland in die Schweiz zugezogen und seit dem Zuzug mit einem kantonalen Steuerstatus besteuert worden sind, können die gesamten auslandsbezogenen stillen Reserven im Umfang der Differenz zwischen Verkehrs- und Buchwert steuerunwirksam aufdecken, also auch jene, die vor dem Zuzug in die Schweiz gebildet worden oder entstanden sind.

Die stillen Reserven sind nach einer anerkannten bzw. objektiv betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Bewertungsmethode zu ermitteln. Die angewandte Methode muss das Geschäftsmodell der Gesellschaft angemessen berücksichtigten, und die Annahmen müssen realistisch und nachvollziehbar sein. Die in der Unternehmung verwendeten Bewertungsmethoden sind dabei konstant und stetig anzuwenden. Die handelsrechtlichen Höchstbewertungsvorschriften sind auch in der Steuerbilanz einzuhalten (Art. 960 ff. OR). Bei grösseren Beträgen und komplexen (namentlich internationalen) Verhältnissen kann eine vertiefte Bewertung durch anerkannte Fachpersonen bzw. spezialisierte Unternehmen notwendig sein. Da es sich um (zukünftige) steuermindernde Tatsachen handelt, behält sich das Steueramt vor, von der Unternehmung ein unabhängiges Bewertungsgutachten verlangen.

Beim Wegfall des Holdingstatus können die stillen Reserven gewinnsteuerunwirksam aufgedeckt werden. Davon ausgenommen sind jene auf Immobilien, da Holdinggesellschaften für Liegenschaften ordentlich besteuert werden (§ 99 Abs. 2 StG). Fällt der Status als Domizil- oder gemischte Gesellschaft weg, können die stillen Reserven auf den auslandsbezogenen Aktiven im Umfang der bisherigen Freistellungsquote ohne Gewinnsteuerfolgen offengelegt werden. Nicht möglich ist dies bei Immobilien und inlandsbezogenen Aktiven.

Bei Beteiligungen gemäss § 98 StG ist bei Wegfall des Status als Holding-, Domizil- oder gemischte Gesellschaft nur die Differenz zwischen Gestehungskosten und dem tieferen Gewinnsteuerwert vom Statuswechsel betroffen. Denn nur diese wäre bei einer Veräusserung, bei einer buchmässigen Aufwertung oder gestützt auf § 92bis StG bei einer Werterholung als Gewinn steuerbar.

Die Differenz zwischen Veräusserungserlös und Gestehungskosten dagegen bleibt über den Beteiligungsabzug auch nach Einsetzen der ordentlichen Besteuerung - wenn auch indirekt - gewinnsteuerfrei. Andererseits ist sicherzustellen, dass Abschreibungen auf Beteiligungen, die sich während der Zeit der Statusbesteuerung nicht auf die Gewinnsteuer ausgewirkt haben, bei deren "Wiedereinbringung" im Zusammenhang mit einer echten, buchmässigen oder steuersystematischen Realisation nicht zur Besteuerung gelangen.

Daraus ergibt sich für Gewinnsteuerwert und Gestehungskosten das Folgende:

1.  Der Verkehrswert der Beteiligung liegt über den Gestehungskosten:

  • Der Gewinnsteuerwert der Beteiligung kann gewinnsteuerunwirksam bis auf die Gestehungskosten erhöht werden;
  • Die Gestehungskosten bleiben unverändert.

2.  Der Verkehrswert der Beteiligung liegt unter den Gestehungskosten:

  • Der Gewinnsteuerwert der Beteiligung kann gewinnsteuerunwirksam bis auf den Verkehrswert erhöht werden;
  • Die Gestehungskosten werden auf den Verkehrswert der Beteiligung reduziert.

Steuerlich nicht verrechnete Vorjahresverluste

Nicht verrechnete Vorjahresverluste aus der Zeit der Besteuerung als Holdinggesellschaft können nicht verrechnet oder weiter vorgetragen werden (§ 43bis Abs. 7 VV StG). Bisherige Domizil- oder gemischte Gesellschaften können Verluste aus der Zeit der Besteuerung nach § 100 StG nur im Umfang der steuerbaren Quote mit künftigen Gewinnen unter der ordentlichen Besteuerung verrechnen.

Abschreibung der steuerunwirksam aufgedeckten stillen Reserven

Die aufgedeckten stillen Reserven sind innert zehn Jahren abzuschreiben. Diese Abschreibungen unterliegen ab Inkrafttreten von Art. 78g Abs. 3 StHG der Gesamtentlastungsbegrenzung gemäss Art. 25b StHG. Zudem dürfen aus den Abschreibungen keine verrechenbaren Verlustvorträge resultieren.

 

Quelle: Solothurner Steuerpraxis 

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