Steuerfreie Handänderung bei Eigenheim

23.03.2017

Gesetzliche Grundlage

Gemäss § 207 lit. g StG ist der Erwerb von Grundstücken als dauernd und ausschliesslich selbst genutztes Wohneigentum steuerfrei. Als selbst genutztes Wohneigentum gilt gemäss § 207 Abs. 1 Buchst. g:

  1. Wohneigentum gilt als dauernd selbst genutzt, wenn der Erwerber eines überbauten Grundstücks in der Regel innert einem Jahr seit Vertragsabschluss dort Wohnsitz nimmt.
  2. Ist das Grundstück bei Vertragsabschluss nicht überbaut, beträgt die Frist in der Regel zwei Jahre.
  3. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber das Grundstück nur teilweise oder nur vorübergehend, in der Regel weniger als ein Jahr, selbst bewohnt.

Die Bestimmungen sind am 1. Januar 2011 in Kraft getreten.

Dauernd und ausschliesslich selbst genutztes Wohneigentum

Der Wortlaut der Bestimmung lehnt sich an jenen von § 51 Abs. 1 StG und von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG an, die bei der Grundstückgewinnsteuer den Steueraufschub im Fall der Ersatzbeschaffung des selbst bewohnten Eigenheimes regeln. Dies spricht dafür, die Praxis betreffend Steueraufschub - soweit übertragbar - auch bei der Handänderungssteuer anzuwenden.

Die Befreiung von der Handänderungssteuer ist zu gewähren, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, wenn der oder die Erwerber das Grundstück:

  • dauernd und
  • ausschliesslich selbst
  • als Wohneigentum nutzen.

Definition Wohneigentum

Wohneigentum liegt vor, wenn die Liegenschaft dem neuen Eigentümer (künftig) zu Wohnzwecken dient. Darunter sind in erster Linie das Einfamilienhaus und die Eigentumswohnung zu verstehen, aber auch Bauland, das der Erwerber anschliessend für eigene Wohnzwecke überbauen will. Nicht als Wohneigentum gelten Liegenschaften, die zu gewerblichen oder anderen geschäftlichen Zwecken verwendet werden, auch wenn es sich dabei um umfunktionierte Wohnräume handelt (z.B. Anwaltskanzlei oder Treuhandbüro in einer Eigentumswohnung).

Unproblematisch ist, wenn der Eigentümer einzelne Räume seiner Wohnung oder üblicherweise zu einer Wohnung gehörende Nebenräume (Garage, Bastelraum usw.) untergeordnet beruflich oder geschäftlich nutzt, z.B. als Büro des eigenen Handwerkbetriebs oder für einen Nebenerwerb (Fusspflegepraxis, Tagesmutter usw.). Eine überwiegende geschäftliche Nutzung der Liegenschaft schliesst hingegen die Steuerbefreiung aus. Diese kann folglich nicht gewährt werden beim Erwerb eines Wohnhauses mit separaten Geschäftsräumen wie beispielsweise einer Arztpraxis, wenn der marktkonforme Mietwert der Praxisräumlichkeiten jenen der selbst bewohnten Wohnung übersteigt (Präponderanzmethode).

Der Begriff des Wohneigentums umfasst auch die üblicherweise zum Einfamilienhaus oder zur Eigentumswohnung gehörenden Nebengebäude oder Nebenräume, auch wenn es sich um eigenständige Grundstücke handelt (Garage, Einstellhallenplatz, Bastelraum). Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass sie zusammen mit der Wohnung bzw. dem Wohnhaus erworben werden. Der nachträgliche Kauf eines (zusätzlichen) Autoabstellplatzes oder eines Bastelraumes unterliegt deshalb der Handänderungssteuer.

Besteuert wird auch der Kauf von Parzellen, die an die Wohnliegenschaft angrenzen und die z.B. der hobbymässigen Tierhaltung dienen, selbst wenn sie zusammen mit dem Wohnhaus erworben werden. Hingegen ist der Zuerwerb von reinen Wohnräumen, die der Erweiterung des bestehenden, selbst genutzten Wohneigentums dienen, von der Handänderungssteuer befreit. Voraussetzung ist allerdings, dass die nachträglich erworbenen Wohnräume physisch mit dem bisherigen Wohneigentum verbunden werden, so dass sie nicht mehr als eigenständige Wohneinheiten genutzt werden können (KSGE SGNEB.2015.1 i.S. V. vom 09.11.2015: Erwerb der darüber liegenden Stockwerkeinheit, die über eine Treppe innerhalb der bestehenden Wohnung erschlossen wurde; grundbuchliche Vereinigung der beiden Stockwerkeinheiten).

Definition der ausschliesslichen Selbstnutzung

Diese Voraussetzung verlangt, dass der Erwerber die ganze Liegenschaft selbst bewohnt (§ 63bis Abs. 3 VV StG). Hier ist zu differenzieren zwischen dem Erwerb eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung einerseits und dem Erwerb eines Mehrfamilienhauses anderseits.

Einfamilienhaus und Eigentumswohnung

Beim Erwerb eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung, welche die neuen Eigentümer selbst bewohnen, ist die Voraussetzung der ausschliesslichen Selbstnutzung in der Regel erfüllt. Nicht verlangt ist, dass der neue Eigentümer die Liegenschaft ausschliesslich selbst, d.h. allein bewohnt. Die Steuerbefreiung ist selbstverständlich zu gewähren, wenn er mit seinen Familienangehörigen (Ehegatten, Kinder, Eltern) im gleichen Haushalt zusammenlebt, aber auch dann, wenn es sich bei den Mitbewohnern um den Lebenspartner oder um Hausangestellte handelt.

Führen indessen Familienangehörige in der gleichen Liegenschaft in einer weiteren Wohnung einen eigenen Haushalt, ist von einem Mehrfamilienhaus auszugehen (siehe unten). Ebenfalls keine Selbstnutzung liegt vor, wenn der Erwerber dem Veräusserer der Liegenschaft eine Nutzniessung gemäss Art. 745 ff. ZGB oder ein ausschliessliches Wohnrecht nach Art. 776 und 778 Abs. 1 ZGB an der verkauften Liegenschaft einräumt.

Besteht hingegen das Wohnrecht im Sinn von Art. 777 Abs. 3 und 778 Abs. 2 ZGB nur an einzelnen Räumen der vom Erwerber selbst benutzten Wohnung mit einem Mitbenutzungsrecht an den gemeinsamen Einrichtungen, steht dies der Steuerbefreiung nicht entgegen. Beim Erwerb von Mit- oder Gesamteigentum an einem Einfamilienhaus oder an einer Eigentumswohnung sind diejenigen Mit- oder Gesamteigentümer von der Steuer befreit, welche die Liegenschaft selbst (d.h. in eigener Person) bewohnen.

Erwirbt ein selbstbewohnender Miteigentümer den Anteil eines andern, der nicht (mehr) in der Liegenschaft wohnt, unterliegt dieses Geschäft ebenfalls nicht der Steuer. Von ausschliesslicher Selbstnutzung ist auch auszugehen, wenn einzelne Familienangehörige in einem Einfamilienhaus eine Einliegerwohnung mit separatem Zugang bewohnen, aber alle zusammen einen Mehrgenerationenhaushalt führen (KSGE SGNEB.2012.2 vom 08.11.2012).

Mehrfamilienhaus

Grundsätzlich handänderungssteuerpflichtig ist der Erwerb eines Mehrfamilienhauses, das zwei oder mehr Wohnungen umfasst und damit das Führen mehrerer Haushalte ermöglicht. Das gilt auch dann, wenn der Erwerber zwar selbst in einer von mehreren Wohnungen lebt, die übrigen aber vermietet oder sie Familienangehörigen oder Dritten unentgeltlich zum Gebrauch überlässt (z.B. Wohnrecht). Gleich zu beurteilen ist der Erwerb eines Wohn- und Geschäftshauses, das teils selbst bewohnt, teils vermietet oder zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verwendet wird. In diesen Fällen ist auch eine anteilige Steuerbefreiung nicht möglich, da dies im Gesetz - im Unterschied zum Steueraufschub bei der Ersatzbeschaffung des Eigenheimes (§ 51 Abs. 2 StG) - nicht vorgesehen ist.

Anders ist nur zu entscheiden, wenn der Erwerber von Anfang an beabsichtigt, die Liegenschaft zu Stockwerkeigentum aufzuteilen und er diese Absicht im Gesuch um Steuerbefreiung auch schriftlich festhält. Nimmt er die Begründung von Stockwerkeigentum umgehend, spätestens aber bis zum Einzug vor, dann ist die Handänderung jener Stockwerkeinheit, die der Erwerber selbst bewohnen wird, von der Handänderungssteuer befreit. Erwerben mehrere Personen ein Mehrfamilienhaus zu Mit- oder Gesamteigentum ist die Steuerbefreiung grundsätzlich ausgeschlossen.

Anders als bei Stockwerkeigentum entsprechen die Mit- oder Gesamteigentumsanteile nicht dem Eigentum an den einzelnen Wohnungen, sondern beziehen sich stets auf die gesamte Liegenschaft. Nicht die Liegenschaft ist aufgeteilt, sondern das Eigentumsrecht an der Liegenschaft. Den Mit- oder Gesamteigentümern steht kein ausschliessliches Nutzungsrecht an den einzelnen Wohnungen zu. Dies ist nur der Fall, wenn die Mit- oder Gesamteigentümer nach dem Erwerb umgehend, spätestens aber bis zum Einzug, Stockwerkeigentum im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile begründen. Alternativ können Miteigentümer eine Nutzungs- und Verwaltungsordnung vereinbaren, darin entsprechende Sondernutzungsrechte statuieren und die Nutzungsordnung im Grundbuch anmerken lassen (vgl. KSGE SGNEB.2012.8. i.S. F. vom 04.03.2013). Unter diesen Voraussetzungen lässt sich eine Gleichbehandlung mit Stockwerkeigentum und damit die Befreiung von der Handänderungssteuer rechtfertigen.

Der Kauf von Bauland zu Mit- oder Gesamteigentum durch mehrere Personen, die darauf ein Mehrfamilienhaus für eigene Wohnzwecke erbauen wollen, unterliegt wie der Erwerb eines Mehrfamilienhauses der Handänderungssteuer. Begründen die Erwerber jedoch anschliessend Stockwerkeigentum und teilen sie die Stockwerkeinheiten im gleichen Verhältnis unter sich auf, ist der Erwerb steuerfrei.

Die Begründung von Stockwerkeigentum hat spätestens bis zum Einzug zu erfolgen. Wenn Mit- oder Gesamteigentümer beim Erwerb beabsichtigen, das Grundstück zu Stockwerkeigentum aufzuteilen und die Stockwerkeinheiten selbst zu bewohnen, haben sie dies im Gesuch um Befreiung von der Handänderungssteuer festzuhalten. Das Gleiche gilt für die Vereinbarung einer Nutzungs- und Verwaltungsordnung. 2.3 Dauernde Selbstnutzung Dieses Erfordernis schliesst die Steuerbefreiung für Liegenschaften aus, die der Erwerber nur zeitweise selbst bewohnt, insbesondere für Ferienwohnungen, Wochenendhäuser und dgl. Damit beschränkt sich die Steuerbefreiung zwingend auf den Erwerb der Wohnliegenschaft am (zukünftigen) Wohnsitz, am Hauptsteuerdomizil (§ 63bis Abs. 1 VV StG).

Befreit ist auch der Erwerb des Einfamilienhauses oder der Eigentumswohnung am bisherigen Wohnsitz, die der Käufer bis anhin gemietet hatte. Die Voraussetzung der Dauer verlangt zusätzlich, dass die eigene Wohnung nicht bloss vorübergehend selbst bewohnt wird. Dieses Erfordernis wird in der Regel erfüllt sein, wenn die Selbstbewohnung mindestens ein Jahr gedauert hat (§ 63bis Abs. 3 VV StG).

Ausnahmen sind denkbar, wenn sich z.B. aus beruflichen oder familiären Gründen ein erneuter Umzug aufdrängt. 2.4 Frist Erwerb zur Selbstnutzung setzt voraus, dass der neue Eigentümer umgehend bzw. innert nützlicher Frist in die erworbene Liegenschaft einzieht. Ausgeschlossen ist die Steuerbefreiung für einen Erwerb zu Anlagezwecken, aber auch dann, wenn das Kaufsobjekt erst zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. nach der Pensionierung in fünf Jahren) als eigene Wohnung dienen soll. Deshalb wird die Steuerbefreiung nur gewährt, wenn das bestehende Einfamilienhaus oder die bestehende Eigentumswohnung innert Jahresfrist seit dem Vertragsabschluss bezogen wird (§ 63bis Abs. 1 VV StG).

Beim Erwerb von Bauland oder von Liegenschaften, die sich bei Vertragsabschluss noch im Bau befinden, muss der Einzug in die neu erstellte Wohnliegenschaft innert zwei Jahren erfolgen (§ 63bis Abs. 1 VV StG). In Ausnahmefällen ist eine Erstreckung dieser Fristen möglich, wenn sich der Bezug der neu erworbenen Liegenschaft aus Gründen verzögert, die der Erwerber nicht oder nicht entscheidend beeinflussen kann (Einsprachen gegen das Bauprojekt, technische Bauschwierigkeiten u.ä.).

Verfahren

Wer die Befreiung von der Handänderungssteuer beantragt, hat das ausgefüllte und unterzeichnete Gesuchsformular (Anhang, wird von der Amtschreiberei vorbereitet) bis zur Beurkundung des Kauf-, Tausch- oder Schenkungsvertrages der Amtschreiberei abzugeben. Die Amtschreiberei übermittelt das Gesuch zusammen mit den Akten an das Kantonale Steueramt, Sondersteuern. Wenn das Kaufsobjekt die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt (Einfamilienhaus, Eigentumswohnung oder Bauland in Wohnzone), wird das Geschäft vorläufig von der Steuer befreit und die Veranlagung der Handänderungssteuer unterbleibt einstweilen. Die Akten gehen zusammen mit dem Gesuch zurück an die Amtschreiberei; eine Kopie des Gesuches verbleibt beim Steueramt.

Zwei bis drei Jahre nach der Handänderung überprüft die Abteilung Sondersteuern des Steueramtes, ob auch die weiteren Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind, insbesondere ob die neuen Eigentümer das Grundstück dauernd und ausschliesslich selbst zu Wohnzwecken nutzen oder ob sie - wie vorgesehen - Stockwerkeigentum begründet haben. Wenn dies zutrifft, ist der Fall abgeschlossen.

Wird die Liegenschaft erst seit kurzem selbst bewohnt, erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt eine nächste Prüfung. Sind die Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt, nimmt das Steueramt die Veranlagung der Handänderungssteuer vor und beauftragt die zuständige Amtschreiberei, die Veranlagung zu eröffnen und die Steuer zu beziehen. Beantragt der Erwerber die Befreiung von der Handänderungssteuer erst nach der Veranlagung mit Einsprache, prüft die Abteilung Sondersteuern im Einspracheverfahren, ob sämtliche Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind. Allenfalls ist das Verfahren bis zum Nachweis der dauernden Selbstbewohnung zu sistieren. Nach Rechtskraft der Veranlagung wird auf Gesuche um Steuerbefreiung nur noch eingetreten, wenn die Voraussetzungen für eine Revision der Veranlagung erfüllt sind (§ 165 StG). Das dürfte nur in Ausnahmefällen zutreffen.

Quelle: Solothurner Steuerpraxis

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